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  • Offenes Herz

“La cruz de Abuela Victoria” (Das Kreuz von Oma Victoria)


So nennen die Leute in La Ensenada (Lima) das Kreuz, welches hoch auf einem sandigen Hügel über das Viertel wacht, u.a. über das Haus der dort wohnenden OH-Freiwilligen.

Seinen Namen hat es Victoria zu verdanken. Sie war als kleines Waisenkind mutterseelenallein nach Lima gekommen und hatte in Jahren harter Arbeit als Magd viel Undank und Enttäuschung erfahren. Als sie dann vor über 30 Jahren eine Hütte in unserem noch entstehenden Viertel bezog – außer ihrer Tochter hatte sie immer noch niemanden auf der Welt – stellte sie dort oben ein Holzkreuz auf, dass es über ihrem Leben und über dem ganzen Viertel stehen möge. Sie sah das Leiden all der Menschen, vor allem der Kinder und Jugendlichen und jeden Tag betete sie, dass der Herr ihr und all diesen Einsamen jemanden schicken möge.


Ihr Gebet wurde erhört als 1991 das OH-Haus gegründet wurde und junge Menschen aus der ganzen Welt kamen, um einfach da zu sein und den Kleinen und Verlassenen Freunde zu sein. Sie hat diesen Ausländern als erstes ihre Freundschaft geschenkt und ihnen den Sinn ihrer Mission bestätigt: „Die Reichen sind großzügig und helfen uns viel, aber sie glauben, dass wir Arme vor allen Dingen Essen und Gesundheit bräuchten. Niemand hat Zeit, um für uns da zu sein, sich hinzusetzen und einfach zuzuhören…“

In den 90er Jahren, zur Zeit des kommunistischen Terrors in Peru (Sendero Luminoso) wurde das Holzkreuz mehrfach zerstört oder abgebrannt. Eines Tages erhielt Abuela Victoria im Gebet einen besonderen Auftrag: Das Kreuz sollte erneuert werden, aber viel größer und aus Beton. Sie sagte: „Wie soll das gehen? Ich bin nur eine arme Frau, ich habe keine Mittel und niemanden der mir hilft!“

Doch darum kümmerte sich der liebe Gott selbst: Auf wunderbare Weise standen nach kurzer Zeit große Mengen an Sand, Zement und Roststahlstäben zur Verfügung und die Freiwilligen vom OH schleppten ihr tagelang die schweren Eimer mit den Materialien bis nach oben (pro Richtung ca. 40 Min. Klettern). Einen armen Maurer bat sie, das fast 4 m hohe Kreuz zu errichten. Als Arturo (so hieß der Maurer) die Arbeit beendet hatte, ging er zur Abuela und sagte: „Bezahlen Sie mich bitte!“ Sie erwiderte: „Ich habe nichts, was ich Ihnen geben könnte. Aber der Herr selbst wird Ihnen das Werk bezahlen, das Sie getan haben.“

Arturo ging etwas enttäuscht weg, kam aber am nächsten Tag wieder, um sich von ganzem Herzen bei ihr zu bedanken: Er hatte nach langer Zeit endlich wieder Arbeit gefunden



Häufig hat Abuela Victoria uns die Geschichte dieses Kreuzes erzählt, welches bis heute wie ein Zeichen des Trostes über unser Viertel wacht. Bis ins hohe Alter war sie jeden Morgen zum Kreuz hinauf gegangen und nun, da sie fast blind war, sah man sie täglich auf wackligen Knien vor ihrem Haus, wie sie in Richtung des Kreuzes betete. Und manchmal hörte man Sie mit lauter Stimme Gott für Seine große Güte loben: für Seine tröstende Gegenwart im Gebet, für ihre zahlreichen Enkel und Urenkel, für die Gegenwart der Freiwilligen von Offenes Herz…

Sie schaute uns dann voller Staunen an, als wäre auch in unseren Gesichtern etwas von der Herrlichkeit Gottes zu sehen. Und dann erzählte sie uns wieder, wie Gott auf ihre Verlassenheit geschaut und ihr Freunde aus fernen Ländern geschenkt hatte. Und dann zeigte sie uns Postkarten aus Paris oder Buenos Aires, die sie von dem ein oder anderen ehemaligen Freiwilligen erhalten hatte.

Unsere liebe Freundin Abuela Victoria ist am 12. März 2017 nach kurzer Krankheit in einem Krankenhaus gestorben und bleibt ihren vielen Freunden auf der ganzen Welt als die „Abuela de la Cruz“ in treuer Erinnerung. Es ist völlig klar, dass auch sie uns da oben nicht vergisst.




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